Mittwoch, 1. Juni 2011

Leserbrief 07

Am Maientag ging man früher ganz in Weiß (siehe Foto in Leserbrief 04). Heute nur noch die ganz Kleinen. Ich ging dieses Jahr in Jeans, weil ich in Laufschuhen mit dicker Sohle gehen musste. Wegen Beschwerden nach einer heimtückischen und tagelang nicht entdeckten Zeckeninvasion.  Dazu passten die guten Hosen beim besten Willen nicht, und das hat offenbar nicht allen behagt. Aus dem Hause Bentsche - Stadtrat der CDU und Malermeister aus Zizishausen -  hat die Nürtinger Zeitung heute diesen Leserbrief veröffentlicht:

Zum Maientag gehört ein festliches Gewand
Edeltraud Bentsche, NT-Zizishausen. Zum Leserbrief „Auch am Vesper wird gespart“ vom 25. Mai. Wenn Herr Wipper schon so auf „Maientagstraditionen“ pocht, dann sollte er auch wissen, dass man für diesen besonderen Tag auch ein extra „Maientagsgewand“ bekam beziehungsweise sich ein solches kaufte, insbesondere, wenn man im Festzug „ganz vorn“ mitläuft.
Wir waren drei „Maientagsmädchen“ und meine Eltern hatten es bestimmt nicht leicht, uns immer für diesen Festtag herauszuputzen. Aber wir hätten es nie gewagt, auch nicht in unserer schlimmsten Zeit (damals mit Jeans, Fransenboots und grünem Parka mit Fuchsschwanz), in einer Jeans beim Festzug zu erscheinen. Das gehörte sich einfach nicht – man trägt ein Maientagskleid. Als „Nürtinger Kind“ halte ich mich nun schon seit über 50 Jahren daran, und das, ohne dass ich im Festzug mitlaufe!


Meine Antwort ist mir heute Morgen eingefallen:

Reinmar Wipper, Nürtingen. Zum Leserbrief "Zum Maientag gehört ein festliches Gewand". Frau Bentsche aus Zizishausen passt meine Hose nicht. Selbige lasse ich jetzetle für einen Moment herunter.
Eine Woche vor dem Maientag hatte eine Zecke bei mir angedockt. Rechte Kniekehle, wo man nicht leicht hinsieht. Nach drei Tagen Beschwerden war das Viech enttarnt. Der Doktor konnte die fest Verankerte rechtzeitig ausdrehen und mittels Kältespray zur Hölle schicken. Den lila Entzündungsherd solle ich beobachten. Widrigenfalls müsse ein Antibiotikum her. Wieder drei Tage später: Entwicklung unklar, übers Wochenende (Maientag!) weiter beobachten, notfalls dick mit Diclofenac die Entzündung im Rahmen halten. Knie knicken, gehen und sitzen waren sehr unangenehm. Ein Mordspflaster über dem ärztlichen Schutzanstrich unterband Kratzen gegen Jucken. Zum Juchzen!
Deshalb bin ich abends nicht zum Maiensingen und Lehrervesper gegangen. Zum ersten Mal. Für alternde Männer gibt´s immer öfter ein erstes Mal. Auch anderntags, im Festzug. Mich neben Frau Oberbürgermeister im Knieschonerfahrzeug der Feuerwehr zu präsentieren steht mir nicht zu. Meine Frau sagte, du kannst aber beim Festzug nicht fehlen. Ich sagte, ich kann ja gar nicht recht gehen, erst recht nicht in den Sonntagsschuhen, die ich zum Orgelspielen und bei Beerdigungen trage. Dann zieh halt deine Laufschuhe an. Na klar, die geben Halt und sicheren Stand. Ein Mann ohne Bandscheiben zwischen den Lenden weiß das zu schätzen. Adidas und Sonntagshose geht aber nicht. Also Jeans, wie viele andere im Festzug auch. Die rund acht Kilometer in falscher Gehhaltung, vom Parkkplatz beim Heller, im Festzug, mit den Enkeln zum Karussell Fahren und wieder retour, habe ich überstanden. Mit Hüftbeschwerden zwar, aber lebend. Für 2012 hole ich mir in Zizishausen einen Malerkittel. Wie früher: Ganz in Weiß. Und jetzt ziehe ich meine Hosen wieder hoch und erinnere an eine alte Malerweisheit: Den Pinsel nicht zu schnell bewegen -  dann klappt der Anstrich beim Kollegen.


Zum Verständnis: Am Montag stand in der Kolumne Maientagsgeflüster der Nürtinger Zeitung zu lesen:

Im Fahrzeug der Nürtinger Feuerwehr, das den prächtigen Festzug anführte, hatte Gisela Keck-Heirich Platz genommen. Befürchtete die Ehefrau des OB etwa, dass sie ihre schicken Pumps auf dem Nürtinger Pflaster ruinieren könnte? Weit gefehlt. Gisela Keck-Heirich ist bei der Skiausfahrt mit dem Gemeinderat im März schwer gestürzt und hat sich am Knie verletzt. Die Operation ist zwar gut verlaufen, doch das Knie noch nicht 100-prozentig wieder hergestellt.

Eines will ich später noch nachtragen: After-Work-Party der Stadtverwaltung am Maientags-Montag. Die fünfte oder sechste an der Seite meiner Frau. Wenn´s weiter so regnet, habe ich Zeit zum Schreiben.

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