Mittwoch, 1. Juni 2011

Leserbrief 06

Der Maientag war schön wie immer. Nur im Festzelt war´s nicht so wie früher. Katastrophaler Service. Und rotzfreches Personal. Das hat mich zu folgender Glosse angeregt, die von der NtZ bislang nicht veröffentlicht worden ist. Wahrscheinlich, weil das Kontingent überschritten ist: pro Nase nur ein Brief pro Woche.


Reinmar Wipper, Nürtingen. (Zum Foto: OB Heirich mit Bierkönigin). Platz zum Liegen, die ganze Familie wählt Festzeltmitte. Kurze Laufzeiten für Kellner. Acht Personen, Kinderwagenkind bis Opa. Vier Rote, je zwei mal Currywurst, Pommes, Fanta, Cola, ein A-Schorle, ein Radler, ein Null-Vier-Bier, eine Maß. Mit Trinkgeld für´s Herschleppen locker 60 Mücken. Das Bier ist dünn, die Roten mehrheitlich von gestern, geradezu arteriosklerotisch: dünner Brätkanal in dunkelbrauner Schrumpelröhre. Auch die Maß ist nicht voll. Sei´s drum, es ist nett, und auf der Bühne spielt Kollege Tobi. Drum wollen wir noch mal ein Bier. Die Kellnerin vertröstet uns drei Mal. Zu sehen ist sie kaum. Beim vierten Versuch verweist sie an die Kollegen. Wir gehen.
Ein Jüngling steht hinterm Tresen. Ihn frage ich, wer für den Betrieb zuständig sei. Er will nicht verstehen. Warum, sagt er. Weil ich was fragen will, sage ich. Was, blafft er zurück. Ich sage, warum man fast eine halbe Stunde warten muss, wenn noch nicht viel los ist. Der Schnösel sagt: Sagen Sie das dieser jungen Frau da und deutet zur Dame auf dem Hochsitz hinterm Geld. Ah, die Bierkönigin - von wegen: Rüstige Fregatte mit scharfem Mundwerk. Offenbar weiß sie mit Besoffenen umzugehen. Beschwerdeführer im Bierzelt sind immer besoffen. Ich noch nicht. Von was auch. Das sei nicht ihr Bier, keift die Fregatte, deutet auf den Chefkellner. Der lehnt einen Meter daneben und sendet Signale von Null Bock auf Talk.
Da marschieren wir ab und holen noch Magenbrot. Wenigstens das schmeckt noch wie früher. Die Wurst im Zelt nicht. Bier auch nicht. Dünn, ohne Schaumeskraft. Aber das hat Heinrich Schöll schon so  gebraut, wenn Maientag war: Des duat´s fer euch Saukerle zom an d´ Beem nobronza, hat er einmal auf seinem Nachhauseweg gesagt auf die Frage, Heiner, was hosch denn do wieder fer en Soich z´sammabraut. Aber Schöll war zugegen, ansprechbar, einer von uns. Der heurige Festzeltbetreiber mit seinen Hilfskräfte nicht. Sein Vertrag ist erst jüngst um Jahre verlängert worden.


Und heute, drei Tage später ging´s bereits weiter. Mit einem Leserbrief einer Malers- und Stadtratsgattin Das steht in Leserbrief 07.

1 Kommentar:

  1. Diese Erfahrungen im Bierzelt haben meine Frau und ich am Maientag zur Mittagszeit auch gemacht. Künftig essen wir unsere Rote dann auch lieber bei der TSVO im Freien.Da ist die Luft besser und da kostet die Halbe dann auch nicht 4 Euro.
    Die Anekdote mit Heinrich Schöll finde ich amüsant. Für mich macht es in dem Fall aber keinen Unterschied, ob ich von "einem von uns" schlecht beliefert werde oder von einem Fremden.

    Wolfgang Gerlach, NT-Neckarhausen

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